An ihrer bunt-gescheckten Rinde kann man Platanen selbst immer Winter gut erkennen. Die hier anzutreffende ahornblättrige Platane Platanus x hispanica (Syn. Platanus x acerifolia oder Platanus x hybrida) ist eine Kreuzung zwischen Platanus occidentalis L., der westlichen Platane (Nordamerika, Kanada), und Platanus orientalis L., der orientalischen Platane (Südosteuropa bis Westasien). Wo und wann die Form erstmalig auftrat ist ungewiss. Eine der ersten im Jahr 1666 dokumentierten Hybrid-Platanen wuchs in den Gärten um das Magdalen-College in Oxford. Ein noch heute zu besichtigender Nachkomme dieser Platane, nachweislich um 1801 angepflanzt, hatte im Jahr 2013 in 1,50 m Höhe einen Stammumfang von 7,69 m. Andere Vermutungen verweisen auf Spanien oder Frankreich als Ursprungsort des dort sehr geschätzten Baumes. Wie auch immer, fest steht, dass der herrliche Baum gegen Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend populärer und in Parks sowie Alleen vielfach angepflanzt wurde.
Auch im Karwer Park befinden sich zwei ausnehmend schöne und sehr alte Exemplare, welche erfreulicherweise noch nichts von ihrer Vitalität eingebüßt haben. Eine der beiden Platanen steht etwas versteckt auf einem Waldstreifen zwischen den „Seebergen“ am ehemaligen Aussichtspunkt (Foto), wo sie bislang glücklicherweise jeglichen Stürmen, die über die Anhöhe hinwegfegten, tapfer standgehalten hat. Die andere steht am Gutshof auf dem ehemaligen Rasenplatz des Schlossgrundes zwischen dem „Haus der Generationen“ und einem Wirtschaftsgebäude des Gutes, welches heute als Wohnhaus genutzt wird. Die Dimension des Solitärbaums wird gerade im Winter eindrucksvoll sichtbar. Vor fünf Jahren maß sein Stammumfang in Brusthöhe 5,70 m. Damit steht unsere Karwer Schloß-Platane nur wenig der auf das Jahr 1750 datierten Herzogenrather Platane (Niederlande) nach, welche mit einem Stammumfang von ca. 6 m und ca. 30 m Höhe ebenfalls zu den Ur-Hybrid-Platanen Europas zählt. Die älteste noch existente Platane Deutschlands steht jedoch in Oelzschau vor einem Herrenhaus in Nordsachsen (Leipziger Land). Sie soll im Jahr 1668 (also vor 350 Jahren) zur Geburt eines Kindes gepflanzt worden sein und hat einen beeindruckenden Stammumfang von 9,40 m bei 32 m Höhe. Des Weiteren steht in Dessau an der historischen ‚Villa Krötenhof‘ eine Anfang des Jahrhunderts gepflanzte Platane, die im Jahr 2014 einen Stammumfang von über 7,33 m aufwies. Auch die Karwer Platanen könnten somit schon mindestens 200 Jahre alt sein. Platanen sind ziemlich robust, sowohl gegenüber Luftverschmutzung als auch Formschnitt, und daher heutzutage als malerische Allee- und Stadtbäume beliebt. Auch auf der am Park angrenzenden Landstraße zwischen Karwe und Gnewikow befindet sich vor dem Ortsteil Seehof ein noch erhaltener Alleeabschnitt mit schönen, hoch gewachsenen Platanen.
Der Zusatz „ahornblättrig“ des deutschen Artnamens erklärt sich beim Anblick der Blätter, welche tatsächlich ein wenig an Spitzahorn erinnern. Sie sind jedoch i. d. R. breiter und viel größer als Ahornblätter. Auch die stachelig-runden und langgestielten Früchte unterscheiden sich deutlich von der geflügelten Doppelfrucht („Nasenzwicker“) des Ahorns. Platanen bilden eine sogenannte Sammelfrucht, die aus einzelnen ‚Nüsschen‘ besteht. Die Hauptblütezeit der kugeligen rötlichen Blütenstände fällt in den Mai in die Zeit des Blattaustriebs. Platanenpollen können wie z.B. Gräser, Birke, Hasel oder Erlen-Pollen Allergien auslösen. Ebenso können die Haare der Früchte (‚Igelchen‘) oder Blätter bei empfindlichen Personen die Schleimhäute reizen. Eine Platanenallergie scheint aber, i. G. zur häufiger auftretenden Allergie gegenüber Birke oder Hasel nicht mit einer gleichzeitigen Nahrungsmittelallergie einherzugehen.
Platanen sind frosthart und schnellwüchsig. Sie lieben es als Auenpflanzen feucht, lehmig und sonnig. Die Krone ist ausladend und verzweigt sich mit mächtigen Seitenästen in nicht allzu großer Stammhöhe. Neben der gescheckten Rinde sind an älteren Stämmen an der Basis sanfte, an Wachstropfen einer Kerze erinnernde Ausbeulungen typisch. Platanen können über 40 m Höhe erreichen. Das durchschnittlich erreichbare Alter der Platane wird nach verschiedenen Quellen zwischen 100 – 300 Jahren angegeben. Das Beispiel der Oelzschauer Platane aus dem 17. Jahrhundert zeigt aber, dass hier noch „Luft nach oben“ ist. Hoffen wir, dass man an unseren beiden Karwer Platanenriesen noch lange Freude haben wird.