Vom Barockgarten zum Landschaftspark

„Wir haben den Park seiner Länge nach passiert und stehen jetzt vor dem Herrenhause. Es ist einer jener Flügelbauten, wie sie dem vorigen Jahrhundert eigentümlich waren, und erinnert in Form und Farbenton an das Radziwillsche Palais in Berlin. Nur ist es kleiner und ärmer an Rokokoschmuck. Auch das Eisengitter fehlt. Eine hohe Pfauenstange mit einem Pfauhahn darauf überragt vom Wirtschaftshofe her das Dach, und der vorgelegene Grasplatz steht in Blumen;“

 

Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg

 

Zwischen den Jahren 1721 und 1723 wurde unter den wohlwollenden Blicken des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I, dem sogenannten Soldatenkönig, am Karwer Seeufer ein barockes Herrenhaus erbaut. Die ersten Bewohner waren Christoph Johann von dem Knesebeck und seine frisch angetraute Gemahlin, die Witwe Anna Luise von Köppen, eine geborene von Bredow. Fortan diente das Karwer Schlößchen der Familie von dem Knesebeck als Wohn- und Verwaltungssitz für die umliegenden Ländereien.

 

Nach 1945 wurde das Gebäude dem allmählichen Verfall preisgegeben und zum Bedauern vieler Karwer im Jahre 1983 vollends aufgegeben und abgerissen. Geblieben sind einige ehemalige Wirtschaftsgebäude, der alte Eiskeller am Gutshofplatz und die Parkanlage, die sich am Karwer Gutshaus anschloß.

 

Wie die einstige barocke Gartenanlage ausgesehen haben mag entzieht sich unserer Kenntnis. Die ältesten bildlichen Zeugnisse weisen bereits auf weitgehende, dem Zeitgeschmack entsprechende, gärtnerische Umgestaltungen hin.



"Was draußen reif und trocken ist, dass fahre ein zur Scheune.

Das Stroh verwerte du als Mist, das Korn betracht als Deine;

Und gieb davon mit fromen Sin, dem Feld das Saatgetraide;

Dann erntest Du wenn Gott es will, viel Segen, Frucht und Freude!"

 

Inschrift über der alten Karwer Gutshofscheune, erbaut 1868

 

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Fotografien: Wehr, Zagon

 



Der oder die Gartenbaumeister sind namentlich leider nicht bekannt. Die Konzeption des Parks mit planmäßigen Sichtachsen, einer zentralen Streuobstwiese und von hohen Bäumen eingefaßten Rasenflächen trägt die Handschrift des bekannten Landschaftsarchitekten und Gartenkünstlers Peter Joseph Lennés (1789 - 1866) oder seiner Schüler. Inwieweit Lenné persönlich an der Parkgestaltung beteiligt war ist nach wie vor spekulativ. Es gibt jedoch einige Indizien, die für eine aktive Rolle sprechen. Der ehemalige Gartenbaudirektor und Begründer des Fachreferats für Gartendenkmalpflege zu Berlin, Klaus von Krosigk, gab dem Verein anläßlich seines Parkbesuches im April 2017 folgende interessante Hinweise:

 

(1) So heißt es beispielsweise in dem in der Wernerschen Verlagsgesellschaft 2005 von Detlef Karg herausgegebenen Fachbuch 'Peter Joseph Lenné - Parks und Gärten im Land Brandenburg' auf Seite 297 ff:

"Für die ehemalige Gutsanlage im südlich  von Neuruppin am Ruppiner See gelegenen Karwe führt Paul Ortwin Rave eine angebliche Mitarbeit Lenné's bei der Umgestaltung an und auch Gerhard Hinz deutet auf die mögliche Mitwirkung Lenné's. Die wenigen Reste des alten Gehölzbestandes der ehemals etwa fünf Hektar großen Parkanlage, vorwiegend Buchen-, Platanen, Ulmen und Linden-Solitäre, stützen diese Annahme...."

(2) Des Weiteren ist in 'Peter Joseph Lenné - das Gesamtwerk des Gartenarchitekten und Städteplaners' von Gerhard Hinz (erschienen im Olms-Verlag) auf Seite 269 zu lesen:

"Die Darstellung der gartenkünstlerischen Arbeiten Lenné's in der Mark ist zweifellos nicht vollständig. Im allgemeinen sind alle Parkanlagen, bei denen die Mitarbeit Lenné's vermutet wird, herausgelassen worden, z.B. Chursdorf, Kreis Soldin, Grüneberg, Kreis Prenzlau, Karwe, Kreis Ruppin..."

 

Der Park ist heute als Gartendenkmal eingetragen.

 

Der wohl berühmteste Chronist der Mark Brandenburg, Theodor Fontane,  schreibt weiter in seinen „Wanderungen“ über den Karwer Park:

 

„Wir verließen das Empfangszimmer und traten wieder in den Park. An einer der schönsten Stellen desselben hatte uns die Gärtnersfrau ein Nachmittagsmahl serviert: saure Milch mit einer überaus einladenden, chamoisfarbenen Sahneschicht. Um uns her standen einundzwanzig Edeltannen und neigten sich gravitätisch in dem Winde, der ging. Diese einundzwanzig Tannen pflanzte der alte Feldmarschall im Sommer 1821, als die Nachricht nach Karwe kam, daß Napoleon am 5. Mai auf St. Helena gestorben sei.“

 

Wie der mächtige Schilfgürtel (am südlichen Seeende und im nördlichen Parkbereich teilweise erhalten) sind auch die 21 „Napoleonstannen“, welche heute annähernd 200 Jahre zählen würden, vergangen. Erwähnenswert sind jedoch einige geschützte Baummonumente im und am Park, welche das Interesse von Baumfreunden über die Region hinaus auf sich ziehen.